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Eine überraschende Vater Tochter Geschichte über den Versuch das Leben mit der Kamera festzuhalten.

Synopsis

Als ich volljährig wurde, schenkte mir mein Vater einen Film über mein Leben. Ich war darüber sehr wütend, denn ich hatte immer vergeblich versucht, seiner Kamera zu entkommen. Mein Vater, Filmemacher Joschy Scheidegger, dokumentierte unsere Familie obsessiv. Erst sein Tod bewog mich dazu, nicht nur sein riesiges Filmarchiv, sondern auch seine Kamera zu übernehmen. «Das Leben drehen» ist eine persönliche Spurensuche nach den überraschenden Wahrheiten, die sich hinter den Bildern meines Vaters verstecken. Eine philosophische Familien-Geschichte über das Filmen und den Versuch, das Leben festzuhalten.

Anmerkung der Regie

Ich wollte nie einen Film über meinen Vater machen. Und, obwohl ich Drehbuchautorin war, hatte ich eine regelrechte Abneigung gegen Kameras. Denn seit der Sekunde meiner Geburt hatte mein Vater jeden Schritt meines Lebens mit seiner Kamera verfolgt. Er filmte nicht nur mich und unser Familienleben ausführlich. Er dokumentierte immer obsessiver auch seine Vergangenheit. So nannte er tatsächlich auch die 19 Bundesordner umfassende Dokumentation über sein Leben, die er mir überlassen würde. Vielleicht würde ich eines Tages einen Film daraus machen. Nie im Leben, dachte ich mir…

Erst als war mein Vater starb, war es mir plötzlich ein Bedürfnis, wirklich etwas über ihn zu erzählen. Nämlich meine Geschichte mit ihm. Ich nenne es die Gegenwart. Ich wollte unbedingt verstehen, was meinen Vater antrieb, sich und unsere Familie so obsessiv zu dokumentieren und damit auch immer ein Stück weit zu inszenieren.
Ich habe mich durch sein riesiges Archiv an Filmen gewühlt; vermutlich auch, um den Tod des geliebten Vaters ein klein wenig ungeschehen zu machen. Andererseits war es mir erst jetzt möglich, die Bilder zu hinterfragen, die er von unserer Familie gemacht hatte. Zum ersten Mal schaffte ich es, hinter das Bild zu schauen, das ich selber von unserer Familie hatte. Das Bild einer restlos gelungenen Familie. Lustig, bunt und glücklich. Ich bin aufgewachsen in der Schweiz der 70er Jahre, in einer aufgeklärten 68er Familie, in der über alles gesprochen werden konnte… Dachte ich. Bis ich merkte, dass es Tabus gab, die nicht ins «offizielle Bild» der glücklichen Familie passten. Und die unterscheiden sich wohl nicht von denjenigen anderer Familien: Der Tod eines Sohnes, das Scheitern einer Ehe und den damit verbundenen Gefühlen von Verlust, Trauer und das Gefühl versagt zu haben.

Warum dokumentieren und inszenieren wir unser Leben? Diese Fragen haben durch die Dominanz neuer Medien eine neue Relevanz bekommen. Nicht nur für unsere Familie sondern für unsere ganze Gesellschaft.

Seit den 70er Jahren landet immer mehr Privates in der Öffentlichkeit und heute durchdringt die Öffentlichkeit in Form neuer Medien und sozialer Netzwerke unser ganzes Privatleben. Das Inszenieren des eigenen Lebens findet auf allen möglichen Plattformen statt. Was haben wir hinter den offiziellen Bildern auf Facebook, Twitter etc. zu verstecken? Was wollen wir damit verbannen? Wie gehen wir damit um, dass unser Privatestes öffentlich wird? Und
warum inszenieren wir unser Leben, statt es einfach zu leben?

Ich bin ein Kind der Mediengesellschaft und sehe meinen obsessiv filmenden Vater als einen Vorläufer dieser Entwicklung. «Das Leben drehen» ist mein persönlicher Beitrag zu diesem Thema.