Joseph (Joschy) Scheidegger
Der Vater der Regisseurin und Drehbuchautorin Eva Vitija wurde 1929 in Zürich geboren. Obwohl er in einfachen Verhältnissen bei seiner alleinerziehenden Mutter aufwuchs, zog es ihn früh an die Schauspielschule Zürich, wo er bei den besten Schauspielern der deutschsprachigen Bühnen, bei deutschen Emigranten, die aus Nazideutschland in die Schweiz geflüchtet waren, seine Ausbildung als Schauspieler erhielt. Schon mit 22 gründete der vielversprechende Bühnen- und Filmschauspieler eine Familie. Nach einigen Jahren im Rollenfach des «jugendlichen Liebhabers und Naturburschen» an deutschen und schweizerischen Theatern und im Film nahm er eine Stelle beim Radio Basel an.
«Natürlich möchte man das Glück festhalten. Aus diesem Grund habe ich Euch wohl so oft gefilmt. Bis es Euch zu viel wurde.»
Aus dem Engagement als Nachrichten-Sprecher wurde eine Karriere als Hörspielregisseur und -Leiter der Hörspielabteilung im Radio Basel. In dieser Funktion entdeckte er in den 60er und 70er Jahren nicht nur viele Schweizer Autorinnen und Autoren, sondern realisierte auch technisch und künstlerisch innovative Arbeiten, wie das erste Schweizer Hörspiel in Stereo. Die Scheidung von der ersten Frau war traumatisch aber befreiend. Einer der Söhne aus dieser Ehe erkrankte an Schizophrenie und sprang später aus dem Fenster einer psychiatrischen Klinik.
Mit 41 verliebte sich Joschy Scheidegger in seine Schauspielschülerin, die Mutter von Eva Vitija. Sie heirateten und bekamen Eva und ihren Bruder Kaspar.
Nach Jahren beim Radio Basel wechselte er ans Schweizer Fernsehen. Er realisierte viele ‚Fernsehspiele‘, drehte 1979 mit ‚Landflucht‘ den ersten Spielfilm auf ENG, einer Technik, die es dem Fernsehen in der Schweiz erst ermöglichte, nicht mehr nur im Studio zu drehen. Einige Jahre später folgte die zweite Scheidung. Die letzten Jahre im Fernsehen entdeckte er den Reportage-Dokumentarfilm für sich. Und er hatte immer Freundinnen. Mit 64 und mit 77 nochmals zwei grosse Liebesgeschichten mit jüngeren Frauen. Doch neben seiner Lebenslust nahmen depressive Episoden zu. Anfang 2012 starb er überraschend.
Eva Vitija
Eva Vitija ist 1973 in Basel geboren, aufgewachsen in Zürich und lebt mit ihrem Mann in Winterthur. Seit 2002 arbeitet sie als Drehbuchautorin und Script Consultant fürs Fernsehen und fürs Kino in der Schweiz und in Deutschland. Sie hat diverse Kino-, Fernsehfilm- und Seriendrehbücher geschrieben. Als Consultant betreut sie auch Projekte anderer Autorinnen und Autoren und setzt sich als Drehbuchlehrerin für die Ausbildung des Nachwuchses ein. Sie ist Stiftungsrätin in der Kulturkommission der Schweizerischen Urheberrechtsgesellschaft Suissimage und Vizepräsidentin des Schweizerischen Drehbuch- und Regieverbandes. «Das Leben drehen» ist Eva Vitijas erster langer Film als Regisseurin. Sie realisierte ihn im Masterstudium Dokumentarfilmrealisation an der Zürcher Hochschule der Künste.
«Ehrlich gesagt, würde es mir wirklich schwer fallen, über gewisse Themen zu sprechen, wenn ich nicht wüsste, es muss sein, es ist ein Teil des Films.»
Filmografie
2015: Das Leben drehen Kino-Dokumentarfilm, Buch & Regie (Swissdok, ZHdK)
2013: Storm & Co. Kurz-Doku, Buch & Regie (ZHdK)
Das alte Haus TV-Spielfilm von Markus Welter, Drehbuch mit Signe Astrup (Snakefilm)
2010: Sommervögel Kinospielfilm von Paul Riniker, Drehbuch mit Signe Astrup (Hugofilm)
Madly in Love Kinospielfilm von Anna Luif, Drehbuch mit Elke Rössler (Topic Features, Neue Cameo Film)
2004–2006: Lüthi & Blanc TV-Soap, Drehbuch 19 Folgen (SRF)
2003: Meier, Marilyn TV-Spielfilm von Stina Werenfels, Drehbuch mit Petra Volpe. (Dschoint Ventschr)
2001: Aufhellungen im Laufe des Tages Diplomfilm ZHdK, Drehbuch mit Anna-Lydia Florin
1999: Diebe Vol 1-3 Diplomfilm ZHdK, Drehbuch mit Anna Luif
Claudia Freund
Die Mutter von Eva Vitija wurde 1950 in Basel geboren. Sie lernte Joschy Scheidegger mit 19 Jahren kennen, als sie bei ihm Schauspielunterricht nahm. Früh hatte sie Kinder, Sohn Kaspar mit 21, Tochter Eva mit 23. Sie studierte Psychologie und arbeitete als Psychotherapeutin. Sie war achtzehn Jahre mit Joschy Scheidegger verheiratet. Heute lebt sie in Santa Fe, New Mexico, USA, ist zum dritten Mal verheiratet und hat sich zur Ruhe gesetzt.
«Am Anfang fand ich es einen grossen kreativen Akt von ihm. Den Versuch zu einer Selbstheilung. Mit der Zeit hatte das einen pathologischen Aspekt. Es hat sich gegen ihn gewandt.»
Kaspar Scheidegger
Eva Vitijas Bruder wurde 1971 geboren. Er ist Kinder- und Jugend-Psychiater und lebt mit seiner Frau in der Nähe von Basel. Er fühlte sich durch den Film in eine ähnliche Lage zurückversetzt wie als Kind, als ständig eine Kamera anwesend war.
«Auf der einen Seite hat er alles dokumentiert, bis ins Detail. Auf der anderen Seite hat er zentrale Themen seines Lebens vierzig Jahre an uns vorbeimanövriert.»
Dominique Scheidegger
Der 1951 geborene Halbbruder von Eva Vitija lebt – wie er sagt – ‚autark‘, am Rande der Gesellschaft auf einem Campingplatz im Jura. Früher hatte er ein Ein-Mann Transport-Unternehmen. Eva Vitija: «Ich erinnerte mich an einen einzigen Besuch bei ihm als Kind. Dank diesem Film habe ich ihn zum ersten Mal wieder getroffen.»
«Ich habe ihn respektiert und gerne gehabt. Aber ich wollte auch verstanden werden. Zur Liebe gehört auch das Verstehen, die Wahrheit und die Ehrlichkeit.»
Cornelia Bernoulli
Cornelia Bernoulli ist Schauspielerin und Autorin aus Basel und lebt in München. Sie war die erste Frau nach der Trennung von Joschy Scheidegger und Claudia Freund.
«Ich habe zum ersten Mal in meinem Leben Leute kennengelernt, die eine sogenannt «offene Ehe» führen.»
Antoinette Poli
Antoinette Poli ist Psychoanalytikerin in Zürich und war die letzte grosse Liebe von Joschy Scheidegger.
«Er hat versucht, immer mehr loszulassen und es gelang immer weniger.»